Klarstellungen zur Abwägung zwischen Geschäftsgeheimnissen und Akteneinsichtsanspruch

A stack of law books stands in front of a justice scale that is slightly out of focus. On top of the stack is an open law book.

Das OLG Schleswig hat sich in seinem Beschluss vom 19. Juli 2023 (Az. 54 Verg 3/23) nicht nur zur Preisaufklärung bei ungewöhnlich niedrigen Angeboten geäußert (mehr dazu: https://blog.zirngibl.de/beweislast-des-bieters-fuer-seriositaet-des-ungewoehnlich-niedrigen-angebotspreises/), sondern auch in ungewöhnlicher Deutlichkeit Hinweise zur zwingenden Abwägung zwischen Geschäftsgeheimnissen und dem Akteneinsichtsanspruch gegeben.

Gemäß § 165 Abs. 1 GWB haben die Beteiligten eines Vergabeverfahrens grundsätzlich das Recht, Einsicht in die Vergabeakte zu nehmen. Durch die Kenntnis der entscheidungsrelevanten Unterlagen soll gewährleistet werden, dass die Beteiligten ihren verfassungsrechtlich garantierten Anspruch auf rechtliches Gehör effektiv durchsetzen können. Seine Grenzen findet der Akteneinsichtsanspruch allerdings in der Wahrung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen (vgl. § 165 Abs. 2 GWB).

Es besteht insoweit ein Spannungsverhältnis zwischen dem Anspruch auf Akteneinsicht und dem Schutz von Geheimnissen. Diesem können die Vergabekammern letztendlich nur durch eine umfängliche Abwägung der Interessen gerecht werden.

Besondere Bedeutung kommt der Abwägung in den Fällen zu, in denen der Bieter seiner Darlegungs- und Beweislast aus § 60 VgV nachkommen muss.

Das OLG Schleswig stellte in diesem Zusammenhang fest, dass zwar bestimmte Informationen unter den unternehmensbezogenen Geheimnisschutz fallen können, daraus aber nicht zwingend folgt, dass diese von der Akteneinsicht ausgeschlossen sein müssen. Vielmehr seien im Rahmen der Abwägung die mit einiger Wahrscheinlichkeit zu erwartenden Nachteile zu berücksichtigen, die der Inhaber der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse durch die Offenlegung zukünftig im Wettbewerb erleiden könnte. Für eine entsprechende plausible Darstellung der künftigen Beeinträchtigungen trage allerdings allein dem Geheimnisinhaber die Darlegungs- und Beweislast.

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