Das OLG Schleswig entschied im Wege des Bieterrechtsschutzes über die Darlegungspflichten bei einem ungewöhnlich niedrigen Angebotspreis (Beschluss vom 19.07.2023, 54 Verg 3/23).
Der Auftraggeber (AG) vergibt in einem offenen Verfahren den Auftrag zur Schüler*innenbeförderung. Der Zuschlag soll auf das wirtschaftlichste Angebot erteilt werden, wobei sich die Wertungskriterien hälftig aus Streckeneffizienz und hälftig aus verschiedenen Preisfaktoren zusammensetzen.
Die unterlegene Bieterin stellte gegen die geplante Zuschlagserteilung an den Bestbieter einen Nachprüfungsantrag bei der VK Schleswig-Holstein, da dessen Preisangebot ungewöhnlich niedrig war und aus Sicht der Bieterin nicht wirtschaftlich sein könne. Die zuständige VK Schleswig-Holstein hat zwar bestätigt, dass ein ungewöhnlich niedriges Preisangebot vorliegt, gleichwohl aber den Nachprüfungsantrag als offensichtlich unzulässig verworfen. Gegen diese Entscheidung erhob die Bieterin dann sofortige Beschwerde beim OLG Schleswig.
Dieses trat der Auffassung der VK Schleswig-Holstein klar entgegen und führte aus, dass der unterlegenen Bieterin substantiierter Vortrag zur fehlenden Seriosität des Preisangebots gar nicht möglich war. Es ist nämlich nicht Aufgabe der Bieterin, sondern des AG dem Bieter eines ungewöhnlich niedrigen Preisangebots aufzugeben, die Seriosität seines Gebots darzulegen. Damit geht die diesbezügliche Darlegungs- und Beweislast auf diesen über. Immerhin könne nur er die innerbetrieblichen Auskünfte erteilen und Erklärungen über die Seriosität seines Angebots abgeben. Wenn ihm dies nicht in zureichendem Maße gelingt und verbleibende Ungewissheiten nicht zufriedenstellend aufgeklärt werden können, darf der AG den Zuschlag auf dieses Angebot ablehnen. Dies ist gesetzlich sogar geboten, um dem Anliegen des Vergabewettbewerbs – die Realisierung der wirtschaftlichsten Beschaffung – Rechnung zu tragen.
In Konsequenz muss der Auftraggeber also bei jedem ungewöhnlich niedrigen Angebot dessen Plausibilität prüfen. Sollte er sie nicht zweifelsfrei feststellen können, muss er das Angebot aus dem Verfahren ausschließen. Dies betrifft nicht das so genannte „Unterkostenangebot“, das zwar bewusst nicht wirtschaftlich ist, aber dennoch wegen seiner Plausibilität nicht hiernach ausgeschlossen werden muss.