TikTok und das UrhDaG: Das LG München I stärkt Rechteinhaber

İstanbul, Turkey – November 9, 2023: Social media and applications Spotify, Apple Music, YouTube, X, instagram, Shazam, Facebook on smart phone screen.

Hosting-Plattformen, z.B. Youtube, TikTok, Instagram aber auch Soziale Medien wie X und Meta, über die digitale Inhalte verbreitet werden, stehen seit jeher im Zentrum urheberrechtlicher Auseinandersetzungen. Oft geht es darum, wann eine Hosting-Plattform für die Verbreitung urheberrechtlich geschützter Inhalte Dritter über ihre Plattform haftet und unter welchen Voraussetzungen eine eigene Verantwortung ausgeschlossen ist.

Das Landgericht München I präzisiert mit seinem Urteil vom 09.02.2024 (Az. 42 O 10792/22) jetzt, in welchem Umfang und auf welche Art und Weise Hosting-Plattformen nach dem Urheberrechts-Diensteanbieter-Gesetz (UrhDaG) Lizenzen für urheberrechtlich geschützte Inhalte verhandeln müssen. Kommen die Plattformen ihrer Pflicht zur Verhandlung über den Erwerb von Nutzungsrechten nicht nach, können sie sich nicht auf das gesetzlich vorgesehene Haftungsprivileg berufen und haften uneingeschränkt für die Urheberrechtsverletzung.

Das Landgericht München I verurteilte TikTok zur Zahlung von Schadensersatz wegen der rechtswidrigen öffentlichen Zugänglichmachung von Filmwerken bzw. Teilen hiervon. TikTok muss außerdem detailliert Auskunft geben über Einnahmen und Nutzerzahlen. Doch wie konnte es so weit kommen?

Die Klägerin und Rechteinhaberin wies TikTok auf rechtswidrig über TikTok öffentlich wiedergebende Filmwerke hin, und bot TikTok gleichzeitig kostenpflichtige Nutzungsrechte für diese Inhalte an. Die Verhandlungen über den Erwerb von Nutzungsrechten blieben jedoch ohne Erfolg. Im Mittelpunkt des Rechtsstreits stand nun die Frage, ob sich TikTok weiterhin auf das Haftungsprivileg nach § 1 Abs. 2 UrhDaG berufen konnte. Nach § 1 Abs. 2 UrhDaG ist TikTok für die öffentliche Wiedergabe von Inhalten urheberrechtlich nicht verantwortlich, wenn TikTok die ihr als Diensteanbieter auferlegten Pflichten nach dem UrhDaG erfüllt. Zu diesen Pflichten gehört insbesondere auch, dass Plattformen im Rahmen von Lizenzverhandlungen bestmögliche Anstrengungen unternehmen müssen, eine Einigung zu erzielen, § 4 Abs. 1 UrhDaG.

Bestmögliche Anstrengungen hatte TikTok nach Auffassung des Landgerichts München I vermissen lassen. Das Verhalten von TikTok werteten die Richter vielmehr als Hinhaltetaktik. Das Ziel, alsbald zu einem beiderseits gerechten Ergebnis zu kommen, sei nicht zu erkennen gewesen. Aufgrund des Verstoßes von TikTok gegen die Verpflichtungen aus dem UrhDaG, insbesondere bestmögliche Anstrengungen zum Erwerb vertraglicher Nutzungsrechte zu unternehmen, konnte sich TikTok nicht auf das Haftungsprivileg berufen. TikTok war deshalb uneingeschränkt für die urheberrechtswidrige öffentliche Wiedergabe der Inhalte verantwortlich.

Dieser Fall zeigt: Plattformen müssen proaktiv und ernsthaft über die Lizenzierung rechtswidrig öffentlich wiedergegebener Inhalte verhandeln. Für Plattformen ist das Urteil des LG München I ein Weckruf, die Zusammenarbeit mit Rechteinhabern zu verbessern und transparentere Verfahren zur Lizenzierung von Inhalten zu etablieren.

Für Rechteinhaber bedeutet das Urteil eine Stärkung ihrer Rechte und ihrer Position in Verhandlungen. Es bestärkt sie darin, ihre Rechte aktiv wahrzunehmen und zu verteidigen. Wird eine Urheberrechtsverletzung auf Hosting-Plattformen festgestellt, können und sollten Rechteinhaber der Plattform, auf der die Verletzung stattfindet, ein konkretes angemessenes Angebot zur Lizenzierung machen. Das Angebot für die Lizenzierung kann sich dabei z.B. an den Tarifen von Verwertungsgesellschaften orientieren. Darüber muss die Plattform ernsthaft verhandeln. Tun sie das nicht, haften sie für den Urheberrechtsverstoß.

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