Das Bundesarbeitsgericht hat kürzlich ein wegweisendes Urteil gefällt, das die außerordentliche Kündigung eines Arbeitnehmers aufgrund beleidigender, rassistischer, sexistischer und gewaltverherrlichender Äußerungen in einer privaten Chatgruppe betrifft. Es behandelt den Fall eines Arbeitnehmers, der sich in einer privaten Chatgruppe in extrem beleidigender, rassistischer, sexistischer und gewaltverherrlichender Weise über Vorgesetzte und Kollegen geäußert hatte. Die Chatgruppe bestand aus sieben Mitgliedern, die langjährig befreundet waren. Nachdem der Arbeitgeber von den Nachrichten Kenntnis erlangte, kündigte er das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers außerordentlich fristlos. Der Kläger erhob Kündigungsschutzklage. Sowohl das Arbeitsgericht als auch das Landesarbeitsgericht hatten in den Vorinstanzen der Kündigungsschutzklage des Klägers stattgegeben.
Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts
Das Bundesarbeitsgericht hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Das Landesarbeitsgericht muss den Sachverhalt nun mit der Maßgabe neu beurteilen, dass eine außerordentliche Kündigung wegen privater Chatnachrichten gerechtfertigt sein kann. Es wird dabei entscheidend darauf ankommen, ob der Kläger eine berechtigte Vertraulichkeitserwartung hatte. Nach den Festlegungen des Bundesarbeitsgerichts bedarf es jedoch einer besonderen Darlegung, warum der Kläger berechtigt erwarten konnte, dass die Inhalte nicht von Gruppenmitgliedern an Dritte weitergegeben würden.
Maßstäbe für die Erwartung von Vertraulichkeit
Das Bundesarbeitsgericht betonte, dass eine Vertraulichkeitserwartung nur dann gerechtfertigt ist, wenn die Mitglieder der Chatgruppe den besonderen persönlichkeitsrechtlichen Schutz einer vertraulichen Kommunikation beanspruchen können. Die Größe und personelle Zusammensetzung der Chatgruppe sowie der Inhalt der Nachrichten spielen hierbei eine entscheidende Rolle. In diesem Fall waren beleidigende und menschenverachtende Äußerungen über Betriebsangehörige Gegenstand der Nachrichten, weshalb das Bundesarbeitsgericht eine besondere Darlegungspflicht des Arbeitnehmers festlegte.
Praxishinweise
Das Urteil ist ein wichtiger Schritt zur Klarstellung der rechtlichen Rahmenbedingungen für die private Kommunikation von Arbeitnehmern. Es zeigt, dass Vertraulichkeit in Chatgruppen nicht bedingungslos gewährt wird und dass beleidigende, rassistische, sexistische und gewaltverherrlichende Äußerungen nicht in jedem Fall allein deshalb hingenommen werden müssen, weil sie in einem vermeintlich privaten Rahmen getätigt wurden. Es ist muss aber auch betont werden, dass die Entscheidung nicht bedeuten soll, dass jegliche private Kommunikation über Arbeitgeber und Kollegen sanktioniert werden kann.
Insgesamt stärkt dieses Urteil die Position der Arbeitgeber und trägt zur Schaffung eines respektvollen Arbeitsumfelds bei. Es zeigt, dass die Privatsphäre der Mitarbeiter in bestimmten Fällen ihre Grenzen hat, insbesondere wenn die Interessen des Arbeitgebers und die Wahrung eines angemessenen Betriebsklimas gefährdet sind.