Die Abgrenzung zwischen Bau- und Dienstleistungen spielt regelmäßig – insbesondere bei der Ermittlung des einschlägigen Schwellenwertes gem. § 106 GWB – eine große bei der Vorbereitung von Vergabeverfahren.
Im streitgegenständlichen Vergabeverfahren (OLG Schleswig, Beschl. v. 28.03.2024 – 54 Verg 9/23) schrieb der Auftraggeber in vier Losen den Aufbau und Betrieb von Sensorik zur Überwachung von Besucherströmen und Pendelverkehr aus. An 15 Standorten sollte neben dem Betrieb und technischen Support auch die Montage an vorhandenen Masten bzw. ggf. die Errichtung geeigneter Masten inkl. der Baustellensicherung angeboten werden. Zu diesem Zweck sollte ebenfalls ein Montagekonzept angeboten werden. Der geschätzte Auftragswert lag unterhalb einer Mio. EUR.
Im Rahmen einer Streitigkeit über die konkrete Angebotswertung wies die Vergabekammer einen gestellten Nachprüfungsantrag als unzulässig ab, da der maßgebliche Schwellenwert für Bauleistungen i.H.v. 5.382.000,00 EUR unterschritten werde.
Dem trat das OLG Schleswig entgegen und stellte fest, dass sich die maßgebliche Auftragsart nach dem Hauptgegenstand des Verfahrens richtet. Die ausgeschriebene Hauptleistung bestünde jedoch nicht in Bauleistungen. Allenfalls die Montage der Sensoren inklusive der notwendigen Erstellung eines Montagekonzepts seien als Bauleistungen zu klassifizieren.
Das geforderte Montagekonzept ändere jedoch nichts daran, dass es sich in der Gesamtbetrachtung um eine Liefer- und Dienstleistung handele. Dafür spreche unter anderem die Nutzung eines EVB-IT-Kaufvertrages sowie die Tatsache, dass im Rahmen des Montagekonzeptes in erster Linie Angaben über die Befestigung an bestehenden Masten gemacht werden sollten. Darüber hinaus sei der reine Aufbau der Sensorik für den Auftraggeber nutzlos. Ein Sensor sei darüber hinaus keine bauliche Anlage, sondern nur ein Gegenstand der seinen Zweck aber nicht für den und unabhängig vom dem Ort der Anbringung erfülle.
Dies zeigt, dass die Einstufung als Bau- oder Dienstleistung stets eine umfassende Abwägung und Prüfung im Einzelfall voraussetzt. Insbesondere hinsichtlich der Ermittlung eines Nachprüfungsrisikos bzw. bei der Prüfung der Erfolgsaussichten eines Nachprüfungsantrages kann nur so eine möglichst zuverlässige Prognose erstellt werden.