Zurück ins Büro – Arbeitgeber darf Rückkehr aus dem Homeoffice anordnen

closeup of a young man in an office holding a briefcase and a surgical mask in his hand

Ein Arbeitnehmer, dem von seinem Arbeitgeber in Pandemiezeiten das Arbeiten aus dem Homeoffice gestattet wurde, erwirbt dadurch keinen Anspruch, dauerhaft von zuhause zu arbeiten. Der Arbeitgeber kann im Rahmen seines Weisungsrechts eine Rückkehr zur Arbeit im Büro anordnen.

1. Sachverhalt

Der Arbeitnehmer war als Grafiker in Vollzeit beim Arbeitgeber beschäftigt. Seit Dezember 2020 gestattete der Arbeitgeber, den sonst im Büro tätigen Grafikern ihre Arbeit jeweils von zuhause auszuüben. Mit Weisung vom 24.02.2021 verlangte der Arbeitgeber von dem Grafiker, dass dieser seine Arbeit wieder vor Ort im Büro erbringt. Dagegen klagte der Grafiker vor dem Arbeitsgericht mit dem Ziel, dass ihm auch künftig die Arbeit aus dem Homeoffice gestattet wird und er nur in Ausnahmefällen vom Büro aus tätig werden muss.

2. Entscheidung

Das Arbeitsgericht München hat den Antrag des Grafikers auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Nun hat das Landesarbeitsgericht München diese Entscheidung mit Urteil vom Urteil vom 26.08.2021 – 3 SaGa 13/21 bestätigt.

Der Arbeitgeber durfte durch Weisung unter Wahrung billigen Ermessens den Arbeitsort des Grafikers neu bestimmen. Zwischen den Parteien gab es weder aus dem Arbeitsvertrag noch durch eine stillschweigende Vereinbarung eine Festlegung des Arbeitsortes auf den Wohnort des Klägers. Ein Recht die Arbeitsleistung von zuhause zu erbringen, habe im Februar 2021 darüber hinaus auch nicht nach der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung (konkret § 2 Abs. 3 SARS-CoV-2-ArbSchVO a.F.) bestanden. Hieraus ergäbe sich kein subjektives Recht des Arbeitnehmers auf Homeoffice.

Schließlich entsprach die Weisung des Arbeitgebers, dass der Grafiker wieder vor Ort im Büro aus tätig werden müsse, billigem Ermessen. Die abstrakte Gefahr, sich auf dem Arbeitsweg mit Sars-CoV-2 anzustecken und das allgemeine Infektionsrisiko am Arbeitsplatz standen dem nicht entgegen.

Zudem standen im vorliegenden Fall betriebliche Gründe gegen eine weitere Ausübung der Tätigkeiten aus dem Homeoffice. Zum einen habe die technische Ausstattung im Homeoffice nicht derjenigen im Büro entsprochen. Zum anderen habe der Grafiker nicht dargelegt, dass die Daten im Homeoffice vor dem Zugriff Dritter, insbesondere vor dem Zugriff der bei der Konkurrenz tätigen Ehefrau, geschützt waren.

3. Praxishinweis

In Pandemiezeiten ist vor dem Hintergrund sich ständig ändernder und unklarer gesetzlicher Regelungen für Arbeitgeber vieles ungewiss. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts München kann als ein erstes wichtiges Signal der Rechtsprechung zur Stärkung des Weisungsrechts des Arbeitgebers, auch in Zeiten der Corona-Pandemie, verstanden werden. Durch die Entscheidungen wird bestätigt, dass die Konkretisierung der Arbeitspflicht und damit einhergehend die Festlegung des Arbeitsortes unter Wahrung billigem Ermessens grundsätzlich Sache des Arbeitgebers ist, soweit zwischen den Parteien nichts anderes vereinbart wurde.

Das Urteil darf jedoch nicht so verstanden werden, dass eine Rückkehr ins Büro vom Arbeitgeber immer und in allen Fällen angeordnet werden durfte und darf. Bei der Ausübung des billigen Ermessens kommt es immer auf eine Abwägung zwischen den Interessen des Arbeitgebers und den Interessen des Arbeitnehmers im Einzelfall an. Arbeitgeber sollten bei einer Anordnung zur Rückkehr aus dem Homeoffice ins Büro deshalb immer die Umstände des Einzelfalls berücksichtigen.

Zudem empfiehlt es sich, dass Arbeitgeber die Grundsätze der Erbringung der Arbeitsleistung von außerhalb des Betriebs aus ausdrücklich regeln. Insbesondere sollten regelmäßig klare und eindeutige Vorgaben zum Umfang, Vorbehalt des Direktionsrechts, Arbeitssicherheit und -schutz, Daten- und Geheimnisschutz, technische und räumliche Voraussetzung, Compliance, etc. erfolgen.

Bei der Ausgestaltung von Regelungen zur Erbringung von Arbeitsleistung außerhalb des Betriebs müssen Arbeitgeber außerdem seit dem 18.06.2021 den § 87 Abs. 1 Nr. 14 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) beachten. Dieser schreibt bei der Ausgestaltung von mobiler Arbeit, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird, ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats vor. Diese Norm begründet kein Initiativrecht des Betriebsrats zur Einführung von mobiler Arbeit, betrifft also nicht das „ob“, sondern nur die Ausgestaltung, wenn sich ein Arbeitgeber zur Einführung mobiler Arbeit entschließt, also das „wie“. Unter das Mitbestimmungsrecht fallen beispielsweise Regelungen über den zeitlichen Umfang mobiler Arbeit, über den Ort, von dem aus mobile Arbeit geleistet werden darf oder über die Erreichbarkeit. Die praktische Bedeutung dieser Ergänzung des BetrVG bleibt abzuwarten, da die meisten denkbaren Regelungen, die mit der Ausgestaltung von mobiler Arbeit einhergehen wie bspw. Arbeitszeit, Einführung bestimmter technischer Einrichtungen oder Fragen der Arbeitssicherheit ohnehin bereits der Mitbestimmung des Betriebsrats unterliegen. Dennoch wird sich zeigen, wie großzügig die Rechtsprechung das neue Mitbestimmungsrecht auslegen wird.

Die weitere Entwicklung in Rechtsprechung und Gesetzgebung zum Thema Homeoffice und Rückkehr aus dem Homeoffice bleibt spannend. Hierüber halten wir Sie selbstverständlich wie gewohnt informiert.

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