ZL-Sonderreihe Betriebsratswahl 2022: Änderungen der Wahlordnung – Was ist neu? Worauf gilt es zu achten?

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Zwischen dem 01. März 2022 und dem 31. Mai 2022 werden die neuen Betriebsräte gewählt. Vor diesem Hintergrund stellen wir Ihnen in unserer „ZL-Sonderreihe Betriebsratswahl 2022“ die für Arbeitgeber wichtigsten Aspekte im Zusammenhang mit den anstehenden Betriebsratswahlen vor. Im zweiten Teil dieser Reihe geht es um die Änderungen in der Wahlordnung (auch „WO“), die seit dem 14. Oktober 2021 in Kraft und auch für Arbeitgeber von Relevanz sind. Dies zum einen deswegen, weil die Arbeitgeber neue Mitwirkungspflichten treffen. Zum anderen liegt es regelmäßig im Interesse der Arbeitgeber, eine Anfechtbarkeit oder gar Nichtigkeit der Betriebsratswahl zu vermeiden, denn dies kann kostspielige Neuwahlen zur Folge haben.

Ziele der Neuregelungen der Wahlordnung sind die Förderung der Wahlbeteiligung und Digitalisierung, die Senkung von Kosten sowie die Beseitigung von Rechtsunsicherheiten. Ob die Ziele tatsächlich erreicht werden, wird sich erst in der Praxis herausstellen.

Reform durch das Betriebsrätemodernisierungsgesetz

Wesentliche Wahlvorschriften im Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) wurden bereits durch das Betriebsrätemodernisierungsgesetz geändert. Zu nennen sind hier beispielhaft die Absenkung des Mindestalters für die Wahlberechtigung auf 16 Jahre, die Ausweitung des Anwendungsbereichs des vereinfachten Wahlverfahrens oder auch Einschränkungen der Anfechtungsmöglichkeiten der Betriebsratswahl. Nach der Reform des BetrVG wurde auch die Wahlordnung entsprechend geändert und um weitergehende Regelungen ergänzt. Im Folgenden möchten wir Ihnen einen Überblick über die wichtigsten Änderungen der Wahlordnung geben, die für die bevorstehenden Betriebsratswahlen relevant werden können:

  • Virtuelle Sitzungen des Wahlvorstands möglich: Neu ist, dass der Wahlvorstand bestimmte Sitzungen nun auch als Video- oder Telekonferenz durchführen kann (§ 1 Abs. 4 WO). Voraussetzung hierfür ist zunächst ein entsprechender Beschluss des Wahlvorstands. Zudem darf es sich nicht um eine öffentliche Sitzung handeln. Ferner muss die Vertraulichkeit der Sitzung sichergestellt sein. Das bedeutet, die Sitzungen dürfen nicht aufgezeichnet werden und Dritte dürfen vom Inhalt der Sitzungen keine Kenntnis erlangen. Ausgenommen von der Möglichkeit einer Video- oder Telekonferenz sind Sitzungen im Rahmen einer Wahlversammlung (§ 14a Abs. 1 S. 2 WO), zur Prüfung eingereichter Vorschlagslisten (§ 7 Abs. 2 S. 2 WO) und zur Durchführung eines Losverfahrens (§ 10 Abs. 1 WO).
    Praxishinweis: Arbeitgeber dürfen dem Wahlvorstand mit Hinweis auf die Möglichkeit virtueller Sitzungen jedoch Präsenzsitzungen nicht untersagen oder die Kostentragung hierfür verweigern.
  • Übersendungspflicht von Briefwahlunterlagen: Die Regelungen zur Teilnahme an der Betriebsratswahl per Briefwahl haben mit § 24 Abs. 2 WO eine Ergänzung erfahren. Schon bisher bestand bereits die Pflicht des Wahlvorstandes, wahlberechtigten Mitarbeitern, die vom Erlass des Wahlausschreibens bis zum Zeitpunkt der Wahl z.B. aufgrund einer Tätigkeit im Außendienst oder im Home-Office nicht im Betrieb anwesend waren, die Wahlunterlagen postalisch oder elektronisch zuzuwenden. Diese Pflicht wurde nunmehr auf wahlberechtigte Mitarbeiter, die arbeitsunfähig erkrankt sind oder dessen Arbeitsverhältnis z.B. aufgrund von Eltern-/Pflegezeit oder eines Sabbaticals ruht, erweitert. Einer Aufforderung durch die zuvor genannten Mitarbeiter an den Wahlvorstand bedarf hierzu nicht.
    Praxishinweis: Arbeitgeber sind in diesem Zusammenhang dazu verpflichtet, dem Wahlvorstand die hierfür erforderlichen Informationen zu den Mitarbeitern zur Verfügung zu stellen.
  • Bearbeitung der Briefwahlstimmen: Durch die Neufassung der §§ 26 Abs. 1 und 35 Abs. 4 WO ist nun festgelegt, dass die Briefwahlumschläge erst zu Beginn der öffentlichen Sitzung zur Stimmauszählung geöffnet, kontrolliert und gültige Stimmzettel in die Wahlurne gelegt werden dürfen. Damit hat der Gesetzgeber einen genauen Zeitpunkt für die Bearbeitung der eingegangenen Briefwahlstimmen vorgegeben, der Rechtssicherheit schaffen soll.
  • Wegfall der Wahlumschläge bei der Urnenwahl: Bisher mussten die Stimmzettel auch bei einer persönlichen Stimmabgabe vor Ort im Betrieb in einen Wahlumschlag eingelegt werden bevor sie in die Wahlurne geworfen werden durften. Dies gilt nun nicht mehr. Zukünftig erfolgt die Stimmabgabe im Betrieb ohne Verwendung von Wahlumschlägen.
    Praxishinweis:
    Um den Grundsatz der geheimen Wahl zu gewährleisten, muss der Stimmzettel jedoch so gefaltet werden, dass das Abstimmungsverhalten des Mitarbeiters nicht erkennbar ist (vgl. §§ 11 Abs. 3, 20 Abs. 3 und 34 Abs. 1 WO).
  • Verlängerte Berichtigungsmöglichkeit der Wählerliste: Bisher waren Berichtigungen der Wählerliste nur bis zum Vortag der Stimmabgabe möglich. Durch die Änderung des § 4 Abs. 3 WO kann die Wählerliste z.B. bei Schreibfehlern oder rechtzeitig eingelegten Einsprüchen noch am Tag der Wahl bis zum Abschluss der Stimmabgabe berichtigt werden.
  • Erweiterte Fristsetzungsbefugnis des Wahlvorstands: Gemäß § 41 Abs. 2 WO kann der Wahlvorstand in bestimmten Fällen nunmehr festlegen, bis zu welcher Uhrzeit fristgebundene Erklärungen wie z.B. Einsprüche gegen die Wählerliste vorzeitig, d.h. vor 24 Uhr am letzten Tag der Frist, eingehen müssen. Dabei muss er jedoch beachten, dass die festgelegte Uhrzeit nicht vor dem Ende der Arbeitszeit der Mehrheit der wählenden Mitarbeiter an diesem Tag liegen darf.
  • Hinweispflichten des Wahlvorstands im Wahlausschreiben: Die Hinweispflichten des Wahlvorstandes im Wahlausschreiben wurden erweitert. Der Wahlvorstand muss die wahlberechtigten Mitarbeiter gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 3 WO nunmehr auch darauf hinweisen, dass eine Anfechtung der Wahl, die damit begründet wird, die Wählerliste sei falsch, ausgeschlossen ist, wenn nicht zuvor schon ordnungsgemäß Einspruch gegen die Wählerliste eingelegt wurde.
Fazit

Betriebsratswahlen sind oftmals komplex, zeitintensiv und für Arbeitgeber nicht zuletzt auch aufgrund des damit einhergehenden Arbeitsausfalls der Mitarbeiter kostenintensiv. Vor diesem Hintergrund empfehlen wir, sich auch als Arbeitgeber mit den neuen Regelungen der Wahlordnung auseinanderzusetzen, um einer Anfechtung oder gar Nichtigkeit der Betriebsratswahl aufgrund von Fehlern bei der Durchführung der Wahl vorzubeugen. Bei Fragen rund um das Thema Betriebsratswahlen steht Ihnen das Arbeitsrechts-Team von ZIRNGIBL jederzeit gerne zur Seite.

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