Am 15.07.2021 hat der Generalanwalt im Vorabentscheidungsverfahren vor dem EuGH seine Schlussanträge gestellt (siehe unseren Beitrag vom 14.05.2020 BGH legt Streit um Mindestsätze dem EuGH vor – ZIRNGIBL Blog (zirngibl.de)).
1. Fragestellung
Der EuGH hat darüber zu entscheiden, ob Gerichte bei sog. Mindestsatzklagen eines Architekten weiterhin § 7 HOAI a.F. zur Beurteilung heranziehen dürfen, obwohl diese Norm gegen die Dienstleistungsrichtlinie (2006/123/EG) verstößt. Oder muss ein Gericht die Vorschrift unangewendet lassen? In diesem Fall könnte ein Architekt keine Aufstockung auf den Mindestsatz mehr verlangen, wenn er zuvor ein darunter liegendes Honorar vertraglich vereinbart hat.
2. Antrag des Generalanwalts
Nach Ansicht des Generalanwalts muss ein nationales Gericht eine nationale Regelung, die gegen die Dienstleistungsrichtlinie verstößt, bei der Beurteilung eines Rechtsstreits unangewendet lassen. Begründet wird dies mit dem besonderen Charakter Dienstleistungsrichtlinie sowie der gebotenen Achtung des in der Charta der Grundrechte der EU garantierten Grundrechts der Vertragsfreiheit.
3. Folge
Das hätte zur Folge, dass auf § 7 HOAI a.F. gestützte Mindestsatzklagen nicht mehr möglich sind. Hiervon betroffen sind lediglich Verträge, die vor dem 01.01.2021 abgeschlossen wurden. Seit Beginn dieses Jahres gelten neue Vorschriften, die einen verbindlichen Mindestsatz nicht mehr vorsehen (vgl. unseren Beitrag vom 01.03.2021 DIE NEUE HOAI 2021- AUSWIRKUNGEN AUF DIE HONORARGESTALTUNG – ZIRNGIBL Blog (zirngibl.de))
4. Ausblick
Auch wenn der Schlussantrag für den EuGH nicht bindend ist, folgt der EuGH diesem häufig. Letztlich bleibt abzuwarten, ob der EuGH in seiner Entscheidung diesem Antrag folgen oder hiervon abweichen wird. Hiervon werden zahlreiche derzeit streitige Vergütungsansprüche von Architekten abhängen.
Selbstverständlich werden wir Sie hierzu unterrichtet halten und über den Ausgang des Verfahrens informieren.