Referentenentwurf zum Vergabetransformationspaket: Nachhaltigkeit, Losvergabe und mehr

ESG symbols as a concept of environmental conservation, governance and social principles

Am 30. September 2024 hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) den Referentenentwurf zum Vergabetransformationsgesetz (VergRTransfG) an die Bundesressorts versandt.

Neben der Vereinfachung von Vergabeverfahren zielt der Entwurf insbesondere darauf ab, soziale und umweltbezogene Aspekte bei der Vergabe stärker zu berücksichtigen. Wir haben die wichtigsten Änderungen des Entwurfs zusammengefasst:

1. Vereinfachung und Beschleunigung von Vergabeverfahren

    Vorrangiges Ziel des Referentenentwurfs ist es, das Vergaberecht „angesichts der vielfältigen Herausforderungen und drängender Zukunftsfragen zielgerichteter, bürokratieärmer und moderner“ auszurichten. Konkret werden hierbei eine Reihe von Maßnahmen aufgeführt, die sowohl den Ober- als auch den Unterschwellenbereich betreffen:

    • „Zeitliche Gründe“ für das Absehen von einer Losaufteilung: Nach § 97 GWB sollen nicht mehr nur wirtschaftliche und technische Gründe, sondern auch zeitliche Gründe eine gemeinsame Vergabe von mehreren Teil- und Fachlosen rechtfertigen können. Zeitliche Gründe waren dabei auch bisher in der Rechtsprechung bereits teilweise (als wirtschaftlicher oder technischer Grund) anerkannt. Darüber hinaus sollen zeitliche Gründe nun auch vor allem bei gesamtgesellschaftlich besonders drängenden Vorhaben, also beispielsweise bei bedeutenden Brückenarbeiten, wichtigen Transformationsvorhaben der Wirtschaft oder für den Klimaschutz oder angesichts einer geänderten sicherheitspolitischen Lage vorliegen.
    • Streichung der „erschöpfenden“ Leistungsbeschreibung: § 121 GWB sieht in der gegenwärtigen Fassung vor, dass der Auftragsgegenstand in der Leistungsbeschreibung „so eindeutig und erschöpfend wie möglich“ beschrieben werden muss. Durch die Streichung der „erschöpfenden“ Leistungsbeschreibung bezweckt der Entwurf, den Aufwand bei Unternehmen für das Durcharbeiten der Leistungsbeschreibung zu verringern.

      Ob sich durch die Streichung eine Änderung der Praxis ergeben wird, darf bezweifelt werden, denn auch die nicht erschöpfend ausgestaltete Leistungsbeschreibung muss weiterhin gewährleisten, dass vergleichbare Angebote abgegeben werden. Dem öffentlichen Auftraggeber steht insoweit auch bisher bereits die Möglichkeit der funktionalen Leistungsbeschreibung offen.
      • Nachweiserbringung über Eigenerklärungen und nur noch von aussichtsreichen Bewerbern oder Bietern: Der Entwurf der § 122 GWB, § 48 VgV, § 35 UVgO sieht vor, dass die Nachweisführung über Eigenerklärungen erfolgen soll und über Eigenerklärungen hinausgehende Unterlagen anschließend nur von aussichtsreichen Bewerbern oder Bietern verlangt werden können. Diese Änderung wird mit Sicherheit zu einer Reduzierung des Aufwands auf Bieter- bzw. Bewerberseite führen, indem das Einholen bzw. Aktualisieren von Nachweisen deutlich seltener vorgenommen werden muss.
      • Textform bei Nachprüfungsanträgen: Nach dem Entwurf sollen Nachprüfungsanträge zukünftig in Textform, also auch elektronisch per Mail gestellt werden können, anstatt diese wie bisher schriftlich und eigenhändig unterschrieben per Postversand oder per Telefax einreichen zu müssen.
      • Erhöhung der Wertgrenzen für Beschränkte Ausschreibungen und Verhandlungsvergaben ohne Teilnahmewettbewerb und der Direktauftragswertgrenze: In § 8 UVgO bzw. § 14 UVgO werden folgende Wertgrenzenregelungen aufgenommen:
      VerfahrensartWertgrenze
      Beschränkte Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb100.000 Euro
      Verhandlungsvergabe ohne Teilnahmewettbewerb50.000 Euro
      Direktauftrag15.000 Euro
      Insgesamt ist diese Regelung zu begrüßen, da diese die Vereinheitlichung der bisher in den Ländern vollkommen unterschiedlich hohen Wertgrenzen zum Ziel hat.

      2. Einbeziehung sozialer und umweltbezogener Kriterien

      Sowohl im Oberschwellenbereich als auch im Unterschwellenbereich werden soziale und umweltbezogene Aspekte stärker einbezogen.

      Neben der Definition umweltbezogener (jeweils Abs. 2) und sozialer Kriterien (jeweils Abs. 3) soll nunmehr festgelegt werden, dass öffentliche Auftraggeber bei der Vergabe mindestens ein soziales oder ein umweltbezogenes Kriterium einfließen lassen sollen, also im Regelfall hierzu verpflichtet sind. Sofern im Einzelfall weder ein soziales noch ein umweltbezogenes Kriterium herangezogen werden kann, bedarf dies einer dokumentierten Begründung.

      Eine Vorgabe, auf welcher Stufe des Vergabeverfahrens die Kriterien zu berücksichtigen sind, ist dabei explizit nicht vorgesehen, sodass grundsätzlich eine Anwendung auf verschiedenen Ebenen der Vergabe denkbar ist (vgl. zu der Berücksichtigung nachhaltiger Aspekte auch unseren Übersichtsbeitrag zur Nachhaltigkeit im Vergaberecht: https://blog.zirngibl.de/nachhaltigkeit-im-vergaberecht-ein-uberblick/).

      Weiter ist vorgesehen, dass die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates allgemeine Verwaltungsvorschriften über Leistungen erlassen kann, die für eine umweltbezogene bzw. soziale Beschaffungen besonders geeignet sind. Ist dies der Fall, müssen öffentliche Auftraggeber die entsprechenden Kriterien berücksichtigen.

      Weitere Informationen können Sie aus den folgenden Dokumenten entnehmen:

      Nächster “ZIRNGIBL Espresso – Ihr Vergaberecht-Update”

      Am Mittwoch, 4. Dezember 2024 um 9:00 Uhr vertiefen wir dieses Thema im Rahmen unserer digitalen Veranstaltungsreihe “ZIRNGIBL Espresso”. In einem 15-minütigen Impulsvortrag bereiten wir alles zum Thema Referentenentwurf des Vergabetransformationsgesetzes komprimiert für Sie auf und stehen Ihnen im Anschluss in einer Fragerunde zur Verfügung.

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