Neues Gesetz zum Hinweisgeberschutz – Whistle-blowing

Picture of “secret agent” using public phone

***UPDATE***
Nach Ausfertigung durch den Bundespräsidenten ist das Hinweisgeberschutzgesetz am 2. Juni 2023 im Bundesgesetzblatt verkündet worden. Es tritt zum ganz überwiegenden Teil am 2. Juli 2023 in Kraft.

Nachdem der Bundesrat dem Hinweisgeberschutzgesetz in seiner damaligen Fassung im Februar 2023 die Zustimmung verweigerte, konnten sich Bund und Länder jetzt auf einen Kompromiss einigen. Der Bundestag hat den geänderten Entwurf am 11. Mai 2023 verabschiedet und der Bundesrat diesem am 12. Mai 2023 zugestimmt.

Wir fassen die wichtigsten Neuerungen für Unternehmen im Folgenden zusammen:

1. Welche Verstöße können von Hinweisgebern wo gemeldet werden?

Hinweisgeber können Verstöße gegen EU-Recht und nationales Recht melden, wenn es sich dabei um Straftaten, um bußgeldbewehrte Verstöße, die Gesundheit/Leben gefährden, oder um Verstöße in bestimmten Bereichen (z.B. im Bereich der Produktsicherheit, Verkehrssicherheit, Beförderung gefährlicher Güter, Lebensmittel- und Fleischmittelsicherheit, Qualitäts- und Sicherheitsstandards bei Arzneimitteln und Medizinprodukten etc.) handelt.

Unterschieden wird zwischen externen und internen Meldestellen. Die von den Unternehmen einzurichtenden Meldestellen gelten als intern. Die Bezeichnung ist unabhängig davon, ob sie durch das eigene oder ein konzernverbundenes Unternehmen vorgehalten oder von einem beauftragten (aus Sicht des Unternehmens „externen“) Dienstleister betrieben werden. Demgegenüber handelt es sich bei externen um ausschließlich staatliche Meldestellen, die von Behörden (Bundesamt für Justiz / Meldestelle der Bundesländer) vorgehalten werden.

Hinweisgeber haben grundsätzlich die freie Wahl: Sie können sich entweder an die externe Meldestelle der Behörden oder an die interne Meldestelle des Unternehmens wenden. Eine Verpflichtung, zunächst das betroffene Unternehmen zu kontaktieren, besteht nicht.

2. Was müssen Unternehmen bei der Einrichtung und dem Betrieb einer internen Meldestelle beachten?

Grundsätzlich müssen Unternehmen ab 50 Beschäftigten sichere interne Meldestellen einrichten und betreiben. Kleineren Unternehmen mit 50 bis 249 Beschäftigten wird dafür eine Umsetzungsfrist bis zum 17. Dezember 2023 eingeräumt. Größere Unternehmen mit mindestens 250 Beschäftigten müssen dagegen spätestens innerhalb eines Monats nach Verkündung des Hinweisgeberschutzgesetzes – d.h. voraussichtlich Mitte/Ende Juni [UPDATE: ab dem 2. Juli 2023] – die Vorgaben des Gesetzes umsetzen. Allerdings droht ein Bußgeld für die Nichteinrichtung oder das Nichtbetreiben eines internen Kanals erst sechs Monate nach der Verkündung [UPDATE: ab dem 1. Dezember 2023]des Gesetzes.

Dabei sind folgende Anforderungen zu beachten:

Die internen Meldekanäle müssen nicht unmittelbar durch das Unternehmen betrieben werden, sondern es können auch Dritte beauftragt werden. Daneben sind auch innerhalb eines Konzernverbundes alternative Gestaltungsmöglichkeiten denkbar.

Es müssen Meldungen in mündlicher oder in Textform sowie auf Wunsch des Hinweisgebers durch unmittelbaren Kontakt in Form eines persönlichen Treffens ermöglicht werden. Dabei müssen die Vertraulichkeit des Hinweisgebers sowie Dritter stets geschützt sein und der Datenschutz beachtet werden. Daneben sind bei der Einrichtung und dem Betrieb solcher Meldestellen die Mitbestimmungsrechte eines etwaig bestehenden Betriebsrats zu beachten.

Es müssen „Meldestellen-Beauftragte“ bestimmt werden (eine/mehrere Person/en oder Abteilung), die die Meldungen entgegennehmen, dem Hinweisgeber den Eingang der Meldung binnen sieben Tagen bestätigen, die Meldung prüfen, entsprechende Folgemaßnahmen in die Wege leiten und dem Hinweisgeber innerhalb von drei Monaten informieren, ob und welche Folgemaßnahmen (z. B. Einleitung interner Compliance-Untersuchungen, Weiterleitung einer Meldung an eine zuständige Behörde) ergriffen wurden.

Zudem müssen alle eingehenden Meldungen im Einklang mit den Vertraulichkeitspflichten dokumentiert und aufbewahrt werden. Daneben müssen Unternehmen Informationen über den internen Meldeprozess und über alternative externe Meldeverfahren den jeweils zuständigen Behörden bereitstellen.

3. Was müssen Unternehmen daneben noch beachten?

Hinweisgeber genießen einen umfassenden Schutz. Gegen sie dürfen keine Repressalien gerichtet oder auch nur angedroht werden.

Repressalien sind Handlungen oder Unterlassungen im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit, die eine Reaktion auf eine Meldung oder eine Offenlegung sind und durch die der hinweisgebenden Person ein ungerechtfertigter Nachteil entsteht oder entstehen kann. Arbeitsrechtlich kommen hier sowohl die ausdrücklichen Mittel der Kündigung, Abmahnung oder Versetzung ebenso in Betracht wie weniger greifbare Formen der Einwirkung auf Arbeitnehmer, etwa der rein faktische Entzug bestimmter Privilegien, der Ausschluss von Beförderungen oder die vermehrte Übertragung unliebsamer Aufgaben.

Der in der Praxis schwer zu führende Nachweis, dass ein solches Verhalten des Arbeitgebers als Reaktion auf die Meldung erfolgte, wird durch eine weitgehende Beweislastumkehr erleichtert: Wird ein Hinweisgeber im Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit benachteiligt, wird vermutet, dass diese Benachteiligung aufgrund der Meldung zugefügt wurde. Es liegt dann am Arbeitgeber, den fehlenden kausalen Zusammenhang zu belegen. Gelingt ihm dies nicht, kann der Hinweisgeber von dem Unternehmen aufgrund der Repressalie Schadensersatz verlangen.

4. Welche Sanktionen drohen Unternehmen bei Verstößen gegen das Hinweisgeberschutzgesetz?

Verstöße eines Unternehmens gegen wesentliche Vorgaben des Hinweisgeberschutzgesetzes werden als Ordnungswidrigkeiten mit einer Geldbuße geahndet. Hierzu zählen neben der bereits erwähnte Nichteinrichtung der internen Meldestelle die Behinderung einer Meldung, die Ergreifung einer Repressalie sowie der Bruch der Vertraulichkeit. Die Höhe des Bußgeldrahmens beträgt in den zuletzt genannten Fällen bis zu EUR 100.000,00 und bei fehlender Meldestelle bis zu EUR 20.000,00.

Sollten Sie weitere Fragen zum neuen Hinweisgeberschutzgesetz haben, stehen wir Ihnen wie gewohnt gerne zur Verfügung.

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