Neuerungen der bayerischen Bauordnung zum 01.01.2025 – Kurzüberblick zu den wesentlichen Änderungen

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Auf Grundlage des ersten und zweiten Modernisierungsgesetzes Bayern sind zum 01.01.2025 wichtige Änderungen der bayerischen Bauordnung (BayBO) in Kraft getreten. Ziel der Gesetze ist es dabei, Bauen durch Entbürokratisierung und Deregulierung einfacher und schneller zu machen.

Die Änderungen betreffen insbesondere das Abstandsflächenrecht in Großstädten, wonach dort nun ebenfalls grundsätzlich eine Abstandsflächentiefe von 0,4 H ausreicht, wenn die nähere Umgebung von Gebäuden der Gebäudeklasse 4 und 5 geprägt ist. Eine weitere Änderung betrifft die Kommunalisierung der Stellplatzpflicht, welche künftig nur noch dann besteht, wenn die Gemeinde eine solche auf Basis kommunaler Satzung selbst anordnet. Die Gemeinde darf dabei die in der ebenfalls novellierten Garagen- und Stellplatzverordnung vorgesehene Maximalanzahl der Stellplätze jedoch nicht überschreiten.

Weiter wurden Regelungen zur Erleichterungen von eingeschossigen Aufstockungen zur Schaffung von Wohnungen neu aufgenommen und die Anforderungen an die Freiflächengestaltung und Spielplätze deutlich reduziert.  

Die geänderte BayBO sieht darüber hinaus für bestimmte Bauvorhaben eine Ausweitung der Verfahrensfreiheit bzw. die Anwendung des vereinfachten Baugenehmigungsverfahrens vor, was eine größere Verantwortung für Planer und Bauherren zur Folge hat. Auch sind künftig Änderungen im Rahmen des Genehmigungsverfahrens selbst zu beachten. Schließlich beträgt die Geltungsdauer von Bauvorbescheiden künftig – gleichlaufend mit der Baugenehmigung – vier Jahre und der Verlängerungszeitraum von Baugenehmigungen und Bauvorbescheiden wird auf zusätzlich vier Jahre erweitert.

Die nachfolgenden Ausführungen bieten einen kurzen Überblick über die wesentlichen Änderungen im Einzelnen und deren Auswirkungen auf die Praxis.

1.         Änderung des Abstandsflächenrechts in Großstädten

Nach der Neufassung des Art. 6 Abs. 5a S. 1 BayBO beträgt die Abstandsflächentiefe in Großstädten mit mehr als 250.000 Einwohnern außerhalb von Gewerbe-, Kern- und Industriegebieten sowie festgesetzten urbanen Gebieten nur noch dann 1,0 H, wenn die nähere Umgebung überwiegend durch Gebäude der Gebäudeklassen 1, 2 oder 3 geprägt ist. Herrschen in der näheren Umgebung hingegen Gebäuden mit mehr als 7 m Höhe (Fußbodenoberkante des höchstgelegenen Geschosses mit möglichen Aufenthaltsräumen, Gebäudeklasse 4 und 5) vor, gilt eine Abstandsflächentiefe von 0,4 H. Somit setzt die Neuregelung nun auch für weite Teile der Städte München, Nürnberg und Augsburg verkürzte Abstandsflächen fest und trägt damit dem Bedürfnis nach Wohnraumschaffung in den Innenstadtbereichen bzw. einer angemessenen flächensparenden Nachverdichtung Rechnung. Die größere Abstandsflächentiefe von 1,0 H wird dadurch grundsätzlich auf klassische Gartenstadtquartiere beschränkt.

Wie die Begriffe der „näheren Umgebung“ und der „überwiegenden Prägung“ im Sinne des Art. 6 Abs. 5a BayBO künftig ausgelegt werden, bleibt abzuwarten. Hinsichtlich der Bestimmung der näheren Umgebung erscheint aufgrund des Ziels der Beschränkung der Abstandsfläche von 1,0 H auf sog. Gartenstädte und des identischen Wortlauts zu § 34 Baugesetzbuch (BauGB) ein analoges Verständnis zum Bauplanungsrecht möglich. Abzustellen wäre insofern auf das betreffende Straßengeviert und je nach den baulichen Gegebenheiten auch auf die gegenüberliegende Straßenseite. Unklar ist auch, wie die überwiegende Prägung konkret festgestellt werden soll. Ein bloßes Abstellen auf die Mehrzahl der Gebäude der Gebäudeklasse 1, 2 und 3 allein aufgrund optischer Wahrnehmung in Bezug auf die Gebäudehöhe dürfte in der Praxis einzelfallbezogen zu Schwierigkeiten führen. Eine Ermittlung durch Einsicht in die Behördenakten auf Basis der durchschnittlichen Geschossflächenzahl würde hingegen dem gesetzgeberischen Ziel der Entbürokratisierung entgegenstehen. Eine Klarstellung in den Vollzugshinweisen wäre im Sinne der Rechtssicherheit insofern hilfreich.

2.         Kommunalisierung der Stellplatzpflicht

Die Neuregelungen des Art. 47 i.V.m. Art. 81 Abs. 1 Nr. 4 BayBO, welche erst ab 01.10.2025 gelten, verändern die Systematik des Stellplatzrechts grundlegend; danach wird die Verantwortung für die Stellplatzpflicht künftig auf die Kommunen übertragen. Die BayBO selbst sieht keine generelle Stellplatzpflicht mehr vor. Das hat zur Folge, dass – sofern auf dem jeweiligen Gemeindegebiet eine Stellplatzpflicht gelten soll – die Gemeinden nun angehalten sind, eine solche Pflicht durch eine kommunale Satzung positiv anzuordnen. Was die Anzahl der Stellplätze betrifft, darf die Gemeinde die in der Anlage zur Garagen- und Stellplatzverordnung (GaStellV) ebenfalls neu festgelegten Obergrenzen für Stellplätze nicht überschreiten. Die neu gefasste Anlage wird die notwendige Stellplatzanzahl für freifinanzierte Wohnungen auf maximal 2 Stellplätze und für geförderten Wohnungsbau auf 0,5 Stellplätze begrenzen.

Gemäß dem ebenfalls am 01.10.2025 in Kraft tretenden Art. 83 Abs. 5 S. 2 BayBO gelten bestehende Satzungen, die die neu eingeführten Höchstzahlen einhalten, weiterhin fort. Dies gilt ebenfalls für Satzungen, die durch Bebauungsplan oder eine andere Satzung nach den Vorschriften des BauGB erlassen wurden. Satzungen, die hingegen eine höhere Stellplatzanzahl als die Obergrenzen der künftigen GaStellV vorsehen, müssen bis zum Ablauf der neunmonatigen Übergangsphase am 01.10.2025 entsprechend angepasst oder neu erlassen werden.

3.         Unwirksamkeit kommunaler Freiflächengestaltungssatzungen

Mit der ebenfalls am 01.10.2025 in Kraft tretenden Neufassung des Art. 81 Abs. 1 Nr. 5 BayBO entfällt die bisherige Ermächtigungsgrundlage für den Erlass sog. kommunaler Freiflächengestaltungssatzungen. Als Konsequenz dieser Gesetzesänderung sieht der ebenfalls am 01.10.2025 in Kraft tretenden Art. 83 Abs. 5 S. 1 BayBO vor, dass sämtliche diesbezüglich bestehende Satzungen mit Ablauf des 30.09.2025 ihre Gültigkeit verlieren und außer Kraft treten.

Nach der Neuregelung verbleibt den Gemeinden lediglich die Möglichkeit örtliche Bauvorschriften über das Verbot von Bodenversiegelungen, nicht begrünten Steingärten sowie ähnlich eintönigen Flächennutzungen zu erlassen. Dies eröffnet den Kommunen im Vergleich zur bisherigen Regelung deutlich reduzierte Möglichkeiten hinsichtlich der Freiflächengestaltung, zumal auch unklar ist, wie die Neuregelung auszulegen sein wird und welche inhaltliche Regelungsreichweite für die Gemeinden in der Praxis künftig tatsächlich bestehen wird.

4.         Gelockerte Anforderungen an Spielplätze

Als weitere Neuerung entfällt zum 01.10.2025 auch die allgemeine Spielplatzpflicht im Wohnungsbau. In diesen Fällen müssen die Gemeinden ebenfalls kommunale Satzungen erlassen, die eine Pflicht zur Errichtung eines Spielplatzes angemessener Größe und Ausstattung vorsieht, Art. 81 Abs. 1 Nr. 3 BayBO. Zur Anordnung einer Spielplatzpflicht sind die Gemeinden nach dem Wortlaut der Neuregelung allerdings erst bei der Errichtung von Gebäuden mit mehr als fünf Wohnungen berechtigt. Im Fall von Studentenwohnheimen und Seniorenwohnungen muss die Satzung eine Vorschrift enthalten, nach der dem Bauherrn die Möglichkeit zur Ablöse der Errichtungspflicht zusteht; dabei darf der Ablösebetrag EUR 5.000,00 jedoch nicht übersteigen.

5.         Erleichterungen bei eingeschossiger Aufstockung

Eingeschossige Aufstockungen bestandsgeschützter Gebäude zur Schaffung von Wohnraum werden durch die Neueinführung des Art. 46 Abs. 6 BayBO hinsichtlich brandschutztechnischer Anforderungen erleichtert. So sind auf bestehende Bauteile die Art. 25 bis 29 und 32 bis 34 BayBO nicht anzuwenden. Darüber hinaus gelten im Bereich der Aufstockung die gleichen Anforderungen wie für die bisherige Gebäudeklasse, auch wenn dadurch die für eine höhere Gebäudeklasse geltenden Höhenbegrenzungen überschritten werden. Eine derartige eingeschossige Aufstockung hat folglich keine Auswirkungen auf die Gebäudeklasse mehr.  

6.         Anhebung der Sonderbaugrenzen

Die Änderungen der BayBO sehen in Art. 2 Abs. 4 Nr. 4, 8a, 8b und 9 BayBO auch Anpassungen bei der Sonderbaudefinition vor. Hierbei wurden insbesondere die Schwellenwerte für die Einordnung als Sonderbau angehoben. So stellen beispielsweise erdgeschossige Verkaufsstätten künftig erst dann einen Sonderbau dar, wenn ihre maßgebliche Fläche 2.000 qm übersteigt. Auch die Schwellenwerte für Gastplätze in Gaststätten und die Bettenanzahl in Beherbergungsbetrieben wurden nach oben angepasst. Dies ist insofern relevant, da für diejenigen Vorhaben, die der Sonderbaudefinition künftig nicht mehr unterfallen, nur noch das sog. vereinfachte Baugenehmigungsverfahren nach Art. 59 BayBO durchzuführen ist. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll dies zu einer Beschleunigung der Genehmigungsverfahren führen.

Im Gegenzug wird in diesen Fällen allerdings die Eigenverantwortung der Bauherren und Planer erhöht, da sie gemäß Art. 55 Abs. 2 BayBO sicherstellen müssen, dass ihre Bauvorhaben auch denjenigen materiell-rechtlichen Anforderungen entsprechen, die im Genehmigungsverfahren nicht (mehr) geprüft werden.

7.         Ausweitung der Verfahrensfreiheit

Eine weitere wesentliche Änderung betrifft den Bereich der verfahrensfreien Bauvorhaben. Die Liste in Art. 57 BayBO wird im Zuge der Gesetzesänderung um diverse zusätzliche Tatbestände ergänzt, was zu einer großzügigeren Handhabung der Verfahrensfreiheit führt und künftig deutlich mehr Bauvorhaben ohne behördliches Genehmigungsverfahren realisiert werden können.

Verfahrensfrei sind künftig insbesondere sog. gebietstypische Nutzungsänderungen nach Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 BayBO. Durch die Ergänzung der Vorschrift um den Verweis auf die Baunutzungsverordnung (BauNVO) werden Nutzungsänderungen dann erleichtert, wenn die neue Nutzung nach den Vorschriften der BauNVO im jeweiligen Gebiet allgemein zulässig ist und kein Sonderbau betroffen ist. Die Erleichterung beschränkt sich nach der Gesetzesbegründung dabei auf die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit.

Für die praktische Anwendung dieser Vorschrift bleibt allerdings noch der genaue Anwendungsbereich zu klären. Unklar ist derzeit noch, ob die Vorschrift aufgrund ihres Verweises auf die BauNVO lediglich auf mit Bebauungsplan überplante Bereiche Anwendung findet, oder ob auch faktische Baugebiete nach § 34 Abs. 2 BauGB unter den Anwendungsbereich der Vorschrift fallen sollen. Die Gesetzesbegründung führt hierzu lediglich aus, dass die Bezugnahme auf Baugebiete nach der BauNVO sicherstellen soll, dass die Vorschrift keine Anwendung auf Außenbereichsvorhaben findet. Insofern sind mögliche Klarstellungen in den Vollzugshinweisen zur BayBO abzuwarten.

Verfahrensfrei sind gemäß Art. 57 Abs. 1 Nr. 18 BayBO künftig auch Dachgeschossausbauten zu Wohnzwecken einschließlich der Errichtung von Dachgauben, wenn die Dachkonstruktion und die äußere Gestalt des Gebäudes im Übrigen nicht verändert werden.

Weiter sieht die Neueinführung des Art. 57 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 BayBO die Verfahrensfreiheit von Instandsetzungsarbeiten vor. Nach dem uneingeschränkten Wortlaut gilt diese Erleichterung auch für Gebäude im Außenbereich, mit der Folge, dass für dortige, lediglich passiven Bestandschutz genießende umgenutzte Gebäude nun auch über Instandhaltungsmaßnahmen hinausgehende Instandsetzungen der baulichen Anlagen verfahrensfrei zulässig sind.

Verfahrenstechnisch ist allerdings zu beachten, dass der Gemeinde gemäß Art. 57 Abs. 7 BayBO Dachgeschossausbauten im Sinne von Abs. 1 Nr. 18 zwei Wochen vor Baubeginn und Nutzungsänderungen nach Abs. 4 Nr. 1 zwei Wochen vor Aufnahme der geänderten Nutzung in Textform anzuzeigen sind. Dies beruht insbesondere darauf, dass vermehrte Nutzungsänderungen in gemischt genutzten Baugebieten auch zur Änderung des Baugebietscharakters führen können. Um dies rechtzeitig zu vermeiden und die kommunale Bauleitplanung sichern zu können, ist die Anzeigepflicht bei den Gemeinden erforderlich.

8.         Änderungen im Rahmen des Genehmigungsverfahrens

Die in Kraft getretenen Änderungen modifizieren auch den Ablauf des Genehmigungsverfahrens selbst. So ist der Bauantrag gemäß Art. 64 Abs. 1 BayBO künftig bei der Bauaufsichtsbehörde einzureichen und nicht mehr wie bisher bei der Gemeinde. Die Bauaufsichtsbehörde setzt unverzüglich die Gemeinde über Eingang und Inhalt in Kenntnis, soweit sie nicht selbst Gemeinde ist. Das bedeutet, die gegebenenfalls notwendige Beteiligung der Gemeinde in Form der Einvernehmenserteilung erfolgt durch das Landratsamt als untere Bauaufsichtsbehörde.

Zudem ist gemäß Art. 65 Abs. 1 S. 1 BayBO erstmals eine Frist zur Vollständigkeitsprüfung des Bauantrags sowie der Bauvorlagen innerhalb von drei Wochen nach Eingang des Bauantrags vorgesehen. Da die Norm allerdings keine Konsequenz für die Nichteinhaltung der Frist durch die Bauaufsichtsbehörde regelt, bleibt abzuwarten, inwieweit die dadurch erhoffte Beschleunigungswirkung tatsächlich eintritt.

Bisher galten unterschiedliche Fristen für die Geltungsdauer von Baugenehmigungen und Bauvorbescheiden sowie deren Verlängerung. Diese Fristen wurden nun vereinheitlicht und auf jeweils vier Jahre festgesetzt. So kann eine Baugenehmigung nach deren vierjähriger Geltungsdauer nunmehr gemäß Art. 69 Abs. 2 S. 1 BayBO um bis zu vier weitere Jahre verlängert werden. Schließlich beträgt die Geltungsdauer von Bauvorbescheiden – gleichlaufend mit der Baugenehmigung –  künftig ebenfalls vier Jahre; auch eine Verlängerung der Gültigkeit des Bauvorbescheids um vier Jahre ist nun gemäß Art. 71 S. 3 BayBO rechtlich zulässig.

Fazit und Ausblick

Ob das Ziel des bayerischen Gesetzgebers, Bauen durch Entbürokratisierung und Deregulierung schneller und einfacher zu machen, mit den vorliegenden Änderungen der BayBO erreicht werden kann, bleibt abzuwarten.

Zwar bewirken einige der Neuregelungen sicherlich einen gewissen Beschleunigungseffekt, insbesondere, was die Verfahrensvereinfachungen in Form der Ausweitung der Verfahrensfreiheit bzw. die Anwendung des vereinfachten Genehmigungsverfahrens betrifft. Im Ergebnis schaffen die Modifikationen der BayBO allerdings lediglich einzelne kleinere Erleichterungen, die jedoch kaum ausreichen dürften, um die grundlegenden Herausforderungen im Wohnungsbau zu bewältigen.

Als besonders praxisrelevant dürfte sich zum einen die Überarbeitung der Abstandsflächenregelung in Großstädten erweisen. Die grundsätzliche Einführung der 0,4-H-Regel auch in innerstädtischen Gebieten ist ein notwendiger Schritt, um eine angemessene Nachverdichtung zu ermöglichen. Zum anderen wird die Kommunalisierung der Stellplatzpflicht und der Erlass bzw. die Anpassung von Stellplatzsatzungen die Gemeinden bis zum 01.10.2025 intensiv beschäftigen. Für Bauherren, deren geplantes Vorhaben bisher teure Stellplatzanlagen erfordern würde, sollte bei der jeweiligen Kommune in Erfahrung gebracht werden, ob innerhalb der Übergangsphase bis zum 01.10.2025 eine Stellplatzpflicht durch Satzung geschaffen werden soll, oder ab dem 01.10.2025 ohne Stellplätze geplant werden kann.

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