Müssen kommunale Wohnungsbaugesellschaften das Vergaberecht beachten?

Residential area with apartment buildings in the city, Europe

Bei kommunalen Wohnungsbaugesellschaften handelt es sich um Unternehmen, die unter gesellschaftsrechtlicher Beteiligung der Kommunen wie privat geführte Wohnungsunternehmen auf dem Wohnimmobilienmarkt agieren. Ihre Verpflichtung zur Beachtung von vergaberechtlichen Vorschriften hängt dabei maßgeblich von deren Eigenschaft als öffentlicher Auftraggeber im Sinne des § 99 Nr. 2 GWB ab.

Der funktionale Auftraggeberbegriff des § 99 Nr. 2 GWB erfordert dabei unter anderem, dass die kommunalen Wohnungsbaugesellschaften bei Ihrer Tätigkeit die im Allgemeininteresse liegenden Aufgaben nicht gewerblicher Art erfüllen. Die Schaffung und Zurverfügungstellung von Wohnraum stellt noch keine im Allgemeininteresse liegende Aufgabe dar. Vielmehr muss die kommunale Wohnungsbaugesellschaft mit ihrer Tätigkeit vorrangig eine sozial verantwortbare Wohnversorgung für breite Bevölkerungsschichten sicherstellen. Nur der soziale Wohnungsbau und die soziale Wohnraumförderung stellen als Bestandteil der öffentlichen Daseinsvorsorge eine im Allgemeininteresse liegende Aufgabe dar.

Die im Bereich des sozialen Wohnungsbaus tätigen kommunalen Wohnungsbaugesellschaften sind daher in der Regel als öffentliche Auftraggeber anzusehen. Dies gilt auch dann, wenn sie in Gewinnerzielungsabsicht unter Marktbedingungen Wohnraum anbieten. Nach der Entscheidung des OLG Brandenburg vom 06.12.2016 (Az. 6 Verg 4/16) entspricht es dem typischen Bild heutiger kommunaler Wohnungsbaugesellschaften, dass sie die Aufgabe der sozialen Wohnraumförderung mit der Tätigkeit eines nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten agierenden Wohnungsunternehmens verbinden, denn dadurch wird es ihnen möglich, ihre Aufgabe effizient und kostensparend zu erfüllen. Die vor Kurzem ergangene Entscheidung der VK Sachsen vom 11.06.2021 (Az. 1/SVK/006-21) macht noch einmal deutlich, dass die Marktbedingungen im Bereich Soziales Bauen sich von denjenigen des regulären Marktes deutlich unterscheiden, sodass die für die Einstufung als öffentlicher Auftraggeber erforderliche Nichtgewerblichkeit des Handelns in vielen Fällen angenommen werden kann.

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