LAG München: Keine starren Grenzwerte für das Tarifmerkmal einer „großen Station“ im Sinne der Entgeltordnung des TVöD/VKA

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Das Landesarbeitsgericht (LAG) München hat mit Urteil vom 03.03.2021 (Az.: 11 Sa 798/18) entschieden, dass der Klägerin als Stationsleiterin einer „großen Station“ eines psychiatrischen Krankenhauses im Sinne des TVöD/VKA ein Anspruch auf Eingruppierung und Vergütung nach der Entgeltgruppe P13 der tariflichen Entgeltordnung zustehe. Eine „große Station“ könne nach Ansicht des Gerichts auch dann vorliegen, wenn der Stationsleitung nicht mehr als 12 Vollzeitkräfte unterstellt sind. Es reicht, wenn die Station ihrer Struktur nach aus anderen Gründen als „groß“ im Sinne der tariflichen Regelungen zu qualifizieren ist. Dies sei im vorliegenden Fall gegeben, da die Anzahl der unterstellten Mitarbeiter nur knapp unter der an sich erforderlichen Anzahl von umgerechnet 12 unterstellten Vollzeitmitarbeitern liege und der große Anteil von Teilzeitbeschäftigten einen hohen Koordinierungsaufwand verursache. Hinzu komme eine regelmäßige Verantwortlichkeit für Auszubildende und Praktikanten.

Zuvor hatte das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit Urteil vom 13.05.2020 (Az.: 4 AZR 173/19) festgestellt, dass Beschäftigte in der Pflege zwar im Regelfall dann eine „große Station“ im Sinne der Entgeltgruppe P 13 der Anlage 1 – Entgeltordnung (VKA) zum TVöD/VKA leiten, wenn ihnen als Stationsleitung mehr als zwölf Beschäftigte (Vollzeitäquivalente) fachlich unterstellt sind. Mit dem Begriff „in der Regel“ hätten die Tarifvertragsparteien jedoch zu erkennen gegeben, dass im Ausnahmefall neben der Zahl fachlich unterstellter Beschäftigter auch andere Faktoren für die Bewertung maßgeblich sein können, ob eine Station als „groß“ im Tarifsinn anzusehen ist. Bei der Anzahl der unterstellten Beschäftigten handele es sich lediglich um „Richtgrößen“, nicht jedoch um starre Schwellenwerte. Zu den weiteren Faktoren könnten nach Ansicht des BAG beispielsweise die Anzahl unterstellter Teilzeitbeschäftigter und der damit verbundene Koordinationsaufwand, die Anzahl zu pflegender Patienten oder die räumliche Größe der Station zählen. Das Verfahren wurde daher zur Entscheidung an das LAG München zurückverwiesen, welches sich nunmehr der Rechtsprechung des BAG anschloss, nachdem es zuvor das Vorliegen einer „große Station“ noch verneint hatte.

Für die Praxis bedeutet diese Rechtsprechung, dass auch bei Unterschreiten der tariflichen Richtgröße von 12 Vollzeitbeschäftigten stets geprüft werden muss, ob aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls nicht doch eine „große Station“ vorliegt. Gleiches gilt jedoch auch für den umgekehrten Fall. Das BAG hat in seinem Urteil vom letzten Jahr ausdrücklich festgehalten, dass auch eine nach der Anzahl unterstellter Beschäftigter „große Station“ dieses Attribut ausnahmsweise aufgrund anderer Faktoren verlieren kann.

Patrick Goertz

Rechtsanwalt / Senior Associate

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