Wahrung einer Ausschlussfrist bei Geltendmachung des Entgeltfortzahlungsanspruchs durch die Krankenkasse des Arbeitnehmers

Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg hat sich in seiner Entscheidung vom 15.11.2019 (Az.: 9 Sa 99/18) unter anderem mit der Frage beschäftigt, ob und unter welchen Voraussetzungen die Krankenkasse eines Arbeitnehmers gegenüber dessen Arbeitgeber fristwahrend Entgeltfortzahlungsansprüche geltend machen kann.

Der Arbeitnehmer war zwischen Ende 2016 und Mitte 2017 mehrmals arbeitsunfähig krank. Mit seiner erstinstanzlich vor dem Arbeitsgericht Freiburg erhobenen Klage machte er gegenüber seinem Arbeitgeber unter anderem Entgeltfortzahlung für einen Zeitraum von sechs Wochen ab dem 20.04.2017 geltend. Das Arbeitsgericht Freiburg wies die Klage als unbegründet ab. Die hiergegen vor dem Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg erhobene Berufung blieb erfolglos. Nach Ansicht des Gerichts habe der Kläger den Anspruch auf Entgeltfortzahlung nicht wirksam innerhalb der vereinbarten Ausschlussfrist geltend gemacht.

Auf das Arbeitsverhältnis fand unter anderem der Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer der Deutschen Post AG Anwendung, der in § 38 Abs. 1 eine Ausschlussfristenregelung enthält. Hiernach verfallen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis beiderseits, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden.

Der Arbeitnehmer hat den streitgegenständlichen Entgeltfortzahlungsanspruch zu keiner Zeit selbst gegenüber seinem Arbeitgeber geltend gemacht. Lediglich die Krankenkasse des Klägers hatte sich insofern am 18.07.2017 mit einem Schreiben an den Arbeitgeber gewandt, in welchem sie diesen um Entgeltfortzahlung für sechs Wochen bat. Dieses Schreiben war aus Sicht des Gerichts für eine wirksame Geltendmachung des Entgeltfortzahlungsanspruchs des Klägers nicht ausreichend. Zwar müsse der Arbeitnehmer den Anspruch nicht zwingend selbst geltend machen. Aus dem Schreiben der Krankenkasse habe sich allerdings nicht erkennen lassen, dass diese im Auftrag oder im Namen des Klägers gehandelt habe. Die Bitte um Zahlung des Entgelts für sechs Wochen reiche allein nicht aus, um eine Geltendmachung des Anspruchs im Namen des Klägers anzunehmen. Vielmehr sei dies lediglich als Rechtsauffassung der Krankenkasse zu qualifizieren. Hinzu kommt, dass derartige Schreiben einer Krankenkasse regelmäßig vor dem Hintergrund erfolgen, dass ansonsten die Krankenkasse bei Nichtleistung geschuldeter Entgeltfortzahlung eine „Gleichwohlleistung“ durch die Gewährung von Krankengeld zu erbringen hat. Das Schreiben diene daher vor allem dem eigenen Interesse der Krankenkasse, so dass der Arbeitgeber nicht damit rechnen müsse, dass diese hiermit einen Anspruch des Arbeitnehmers geltend machen will.

Ausgehend davon können Dritte Rechte des Arbeitnehmers grundsätzlich fristwahrend geltend machen. Voraussetzung ist jedoch, dass sich der Erklärung entnehmen lässt, dass der Dritte im Namen bzw. im Auftrag des Arbeitnehmers als Rechteinhaber tätig wird.


Patrick Goertz                   Dr. Lorenz Mitterer
Rechtsanwalt                      Rechtsanwalt
                                 Fachanwalt für Arbeitsrecht

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