Erweiterte Gewerbesteuerkürzung bei Grundstücksgesellschaften – ein Auslaufmodell?

Aerial view of a housing estate on the outskirts of the city of Wolfsburg in Germany with a school in the background and factories on the horizon.

Auch 2021 war, trotz der Einführung einer Bagatellgrenze für bestimmte schädliche Umsätze, kein gutes Jahr für grundstückshaltende Gesellschaften. Der BFH schränkt die Möglichkeiten zur Inanspruchnahme der erweiterten Gewerbesteuerkürzung für Grundstücksunternehmen weiter ein.

Die erweiterte Gewerbesteuerkürzung für Grundstücksunternehmen ist immer öfter Gegenstand von streitigen Verfahren zwischen Steuerpflichtigen und der Finanzverwaltung vor Finanzgerichten und dem Bundesfinanzhof. Die Entscheidungen zeigen, dass trotz der Einführung einer Schmutzgrenze/Bagatellgrenze für „gewerbesteuerschädliche“ Tätigkeiten in 2021 die Optimierungsmöglichkeiten und Gestaltungsspielräume tatsächlich kleiner werden.

Umso wichtiger erscheint es, mögliche Risiken zu identifizieren und im Rahmen der Strukturierung zu berücksichtigen.

Ein Überblick:

Keine erweiterte Kürzung bei unterjährigem Grundstückserwerb

Der BFH hat in einer im Januar 2022 veröffentlichten Entscheidung (Beschluss vom 27.10.2021, III R 7 /19) nochmals bestätigt, dass eine GmbH, die vor Erwerb ihrer ersten Immobilie im Handelsregister eingetragen ist, auch dann die erweiterte Gewerbesteuerkürzung in diesem Veranlagungszeitraum nicht geltend machen kann, wenn die GmbH bei einem unterjährigen Erwerb einer Immobilie keine oder kaum geschäftliche Tätigkeiten entfaltet, bis das Grundstück auf die GmbH übergeht. Die GmbH sei in einem solchen Fall nicht während des ganzen Erhebungszeitraums grundstücksverwaltend tätig.

Praxishinweis:

Die Entscheidung verdeutlicht die strenge Auslegung des Begriffs „ausschließlich“ im Rahmen der erweiterten Gewerbesteuerkürzung in zeitlicher Hinsicht. Ein Tag innerhalb des Veranlagungszeitraum reicht bereits für die Versagung der erweiterten Kürzung aus. Bei der Ankaufskalkulation sollte daher die Gewerbesteuer für das Jahr des Ankaufs berücksichtigt werden.

Betriebsaufspaltung jetzt auch bei mittelbarer Beteiligung an der Besitzpersonengesellschaft über eine Kapitalgesellschaft

Der BFH hat in einer im Februar 2022 veröffentlichten Entscheidung (Urteil vom 16.09.2021 IV R 7/18) seine Rechtsprechung hinsichtlich der personellen Verflechtung bei mitunternehmerischen Betriebsaufspaltungen geändert und sieht diese nunmehr auch dann als gegeben an, wenn eine Kapitalgesellschaft zwischen den/die beherrschenden Gesellschafter und die Besitzpersonengesellschaft geschaltet ist. Bis zu diesem Urteil galt dies nur bei der Betriebsgesellschaft und nicht bei der Besitzgesellschaft. Aufgrund dieser Rechtsprechungsänderung wurde im entschiedenen Fall der Besitzpersonengesellschaft die erweiterte Kürzung für Grundstücksunternehmen versagt.

Praxishinweis:

Strukturen, die auf der bisherigen Rechtsprechung des BFH aufgebaut wurden und eine Betriebsaufspaltung durch die Zwischenschaltung von Kapitalgesellschaften zu vermeiden suchten, sollten aufgrund der neuen Rechtsprechung des BFH überprüft und ggf. angepasst werden. Inwieweit die Ablehnung der kapitalistischen Betriebsaufspaltung bei Schwesterkapitalgesellschaften noch Bestand hat, wird sich zeigen und bedarf einer kritischen Begleitung. Der erste Senat hat jedoch auf die Anfrage des entscheidenden Senats eine Übernahme der Rechtsprechungsänderung für die kapitalistische Betriebsaufspaltung zunächst verneint. Darüber hinaus sollten bestehende Ausgliederungsmodelle auf eine Schwester-FixCo bei der Vermietung von Betriebsvorrichtungen einer kritischen Prüfung unterzogen werden. Hier könnte nach der neuen Rechtsprechung des BFH eine Betriebsaufspaltung drohen.

Keine erweiterte Kürzung bei zeitlich begrenzter Überlassung von Betriebsvorrichtungen

Das FG Schleswig-Holstein hat in einer vor kurzem veröffentlichten Entscheidung vom 29.09.2021 (Az. K 4 36/20) entschieden, dass die zeitlich begrenzte Überlassung des Eigentums an Betriebsvorrichtungen die erweiterte Kürzung für Grundstücksunternehmen ausschließt, wenn es sich um ein, einem Pensionsgeschäft nach § 340b HGB ähnliches Geschäft handelt. Zur Begründung führt der BFH aus, dass das wirtschaftliche Eigentum nach § 39 AO in diesen Fällen beim Vermieter verbleibt, obwohl das zivilrechtliche Eigentum auf den Mieter übertragen wird.

Der BFH wird Gelegenheit haben, sich mit diesem Urteil auseinanderzusetzen Die Revision ist anhängig unter Aktenzeichen IV R 24/21.

Praxishinweis:

Die Entscheidung des FG Schleswig-Holstein behandelt noch einen Veranlagungszeitraum, in dem die Schmutzgrenze/Bagatellgrenze von 5% der Vermietungseinnahmen aus Vertragsbeziehungen mit dem Mieter nicht gesetzlich verankert war und zeigt auf, dass die Auslagerung von Betriebsvorrichtungen auf den Mieter nur dann Erfolg haben kann, wenn die wirtschaftlichen Risiken und Chancen auch wirklich auf den Mieter übergehen. In Anlehnung an das im HGB gesetzlich geregelte Pensionsgeschäft verortete das FG das wirtschaftliche Eigentum u.a. aufgrund der unentgeltlichen Rückübertragungspflicht der ausgelagerten Betriebsvorrichtungen weiterhin beim Vermieter. Es bleibt abzuwarten, ob sich der BFH dem FG anschließt oder den Steuerpflichtigen im Recht sieht.

Insbesondere bei der Vermietung von Spezialimmobilien (bspw. Logistikcenter oder Hotels), bei denen die 5% Grenze oftmals nicht ausreichend ist, muss nach wie vor eine Auslagerung der Betriebsvorrichtungen stattfinden. Durch die Entscheidung des FG und die BFH Entscheidung zur Betriebsaufspaltung wird der Handlungsspielraum für die Nutzung der erweiterten Gewerbesteuerkürzung bei diesen Spezialimmobilien deutlich eingeschränkt.

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