Am 16.10.2024 erging ein Urteil des Europäischen Gerichts (EuG), das die Klage des Freistaats Bayern gegen die Entscheidung des EUIPO (Europäisches Amt für geistiges Eigentum) abwies (T-506/2023). Der Freistaat hatte gegen die Unionswortmarke „Neuschwanstein“ (EUTM 015687353) einen Nichtigkeitsantrag gestellt. Der Freistaat berief sich auf ältere Rechte in Form einer geschäftlichen Bezeichnung für ein Museum. Das EuG entschied, dass der Antrag auf Nichtigkeit mangels ausreichender Beweise für die erforderlichen älteren Rechte und Verkehrsgeltung abzuweisen sei.
Ausgangspunkt des Verfahrens
Der Freistaat Bayern hatte beim EUIPO die Nichtigerklärung der Unionsmarke „Neuschwanstein“ beantragt, die 2016 für bestimmte Waren (u.a. Schmuck, Souvenirartikel, Bekleidung) eingetragen wurde. Bayern begründete seinen Nichtigkeitsantrag damit, dass „Neuschwanstein“ sowie „Schloss Neuschwanstein“ als geschäftliche Bezeichnungen für den Betrieb des gleichnamigen Museums genutzt wurden. Der Antrag stützte sich auf das ältere Recht nach Art. 8 Abs. 4 der Unionsmarkenverordnung und auf § 5 des deutschen MarkenG. Nach Art. 53 Abs. 1 Buchst. c Unionsmarkenverordnung wird die Unionsmarke auf Antrag beim EUIPO für nichtig erklärt, wenn ein in Art. 8 Abs. 4 der Verordnung genanntes älteres Kennzeichenrecht besteht und die Voraussetzungen des genannten Absatzes erfüllt sind. Der Freistaat konnte sich nicht auf ältere Markenrechte berufen.
Im Jahr 2021 gab die Nichtigkeitsabteilung des EUIPO dem Antrag statt und erklärte die Marke „Neuschwanschstein“ für nichtig. Die Beschwerdekammer des EUIPO hob diese Entscheidung auf, da der Kläger den Nachweis über die Nutzung der älteren Zeichen und die damit verbundene Verkehrsgeltung nicht erbringen konnte. Dieser Entscheidung lag die Auffassung zugrunde, dass die älteren Zeichen keine ausreichende Unterscheidungskraft aufwiesen.
Das Urteil des EuG
Das EuG bestätigte die Entscheidung der EUIPO-Beschwerdekammer und wies die Klage des Freistaats Bayern ab. Es stellte klar, dass der Kläger nicht hinreichend nachgewiesen habe, dass „Neuschwanstein“ und „Schloss Neuschwanstein“ die erforderlichen Voraussetzungen des Art. 8 Abs. 4 der Unionsmarkenverordnung erfüllten.
Die wesentlichen Erwägungen des Gerichts können wie folgt zusammengefasst werden:
- Originäre Unterscheidungskraft der älteren Zeichen: Das EuG folgte der Ansicht der EUIPO-Beschwerdekammer, dass die Zeichen „Neuschwanstein“ und „Schloss Neuschwanstein“ beschreibende Elemente darstellten und daher nicht die erforderliche originäre Unterscheidungskraft aufwiesen. Die Begriffe seien im Wesentlichen als Hinweise auf das weltweit bekannte Schloss und seinen Betrieb als Museum zu verstehen.
- Fehlende Verkehrsgeltung: Darüber hinaus konnte der Kläger nicht hinreichend nachweisen, dass die Zeichen „Neuschwanstein“ und „Schloss Neuschwanstein“ in Deutschland im geschäftlichen Verkehr über eine lokale Bedeutung hinausgegangen und als spezifische Bezeichnungen für das Museum des Freistaats Bayern bekannt waren. Es fehlte an überzeugenden Nachweisen, dass die Zeichen von den relevanten Verkehrskreisen dem von Bayern betriebenen Museum eindeutig zugeordnet wurden.
Schlussfolgerung und Ausblick
Das EuG entschied, dass der Nichtigkeitsantrag des Freistaats Bayern gegen die Unionsmarke „Neuschwanstein“ zu Unrecht gestellt wurde. Da der Kläger nicht nachweisen konnte, dass die älteren Zeichen über eine ausreichende originäre Unterscheidungskraft oder Verkehrsgeltung verfügten, wurde die Klage abgewiesen.
Für Markeninhaber, die sich im Rahmen von Markenkollisionen auf ältere Rechte berufen möchten, verdeutlicht dieses Urteil die Bedeutung einer gründlichen Beweisführung bezüglich der Unterscheidungskraft und Bekanntheit eines älteren Zeichens im relevanten Markt. Ein bloßer Verweis auf historische oder geografische Bedeutungen reicht nicht aus, um die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Nichtigkeitsklage zu erfüllen.
Dieses Urteil ist auch von Bedeutung für die Beurteilung der markenrechtlichen Stellung älterer geschäftlicher Bezeichnungen in Deutschland und der Europäischen Union und stellt klar, dass für den Schutz solcher Zeichen im europäischen Markenrecht klare, substanzielle Nachweise erforderlich sind.
Praxistipp
Für die Praxis bedeutet dies, dass bei der Verteidigung von geschäftlichen Bezeichnungen in der Europäischen Union eine präzise und umfassende Dokumentation über die Nutzung und Verkehrsgeltung der älteren Bezeichnungen erforderlich ist. Nur so kann die Geltendmachung von älteren Rechten erfolgreich durchgesetzt werden.