Am 24.07.2024 hat die Bundesregierung ihren Gesetzesentwurf zur Umsetzung der Europäischen Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) in nationales Recht veröffentlicht. Von dem Gesetz betroffene Unternehmen sollen künftig zusammen mit ihrem Jahresabschluss detailliert über verschiedene Umwelt-, Sozial- und Governancefaktoren berichten. Die geplanten Berichtspflichten gehen zum Teil deutlich über die bereits jetzt geltenden Berichtspflichten im Rahmen der nichtfinanziellen Erklärung hinaus. Nachfolgend geben wir Ihnen einen Überblick über die Regelungen des Regierungsentwurfs:
Welche Unternehmen sind von der neuen Nachhaltigkeitsberichterstattung betroffen?
Nach Schätzungen des Bundesministeriums für Justiz wären rund 13.000 deutsche Unternehmen von den geplanten Berichtspflichten betroffen. Die Pflicht zur Berichterstattung über Nachhaltigkeitsaspekte würde somit deutlich ausgeweitet werden. Insbesondere die folgenden Unternehmen fallen unter den Anwendungsbereich des Regierungsentwurfs:
- „große“ Kapitalgesellschaften und diesen gleichgestellte Personengesellschaften;
- Kapitalmarktorientierte „kleine“ und „mittelgroße“ Kapitalgesellschaften sowie diesen gleichgestellte Personengesellschaften; sowie
- bestimmte Genossenschaften, Versicherungsunternehmen und Kreditinstitute.
Der Regierungsentwurf sieht vor, dass die neuen Nachhaltigkeitsberichtspflichten bereits erstmalig für das Geschäftsjahr 2024 Anwendung finden. Zunächst sollen allerdings lediglich „große“ kapitalmarktorientierte Unternehmen mit mehr als 500 Arbeitnehmern vom Anwendungsbereich des Gesetzes erfasst sein. Die Berichtspflichten sollen dann jährlich auf weitere Unternehmensgruppen ausgeweitet werden. Der finale Anwendungsbereich greift schließlich für das Geschäftsjahr 2028.
Neue Berichtspflichten: Welche Aspekte müssen künftig im Nachhaltigkeitsbericht enthalten sein?
Unter den Anwendungsbereich fallende Unternehmen sollen künftig ihren Lagebericht um einen sogenannten Nachhaltigkeitsbericht erweitern, welcher im Einklang mit den European Sustainability Reporting Standards (ESRS) zu erstellen ist. Anders als bei der Berichterstattung im Rahmen der nichtfinanziellen Erklärung wird dabei nicht mehr zwischen fünf verschiedenen nichtfinanziellen Aspekten, sondern zwischen drei Arten von Nachhaltigkeitsaspekten unterschieden. Dies sind Umwelt-, Sozial- und Governancefaktoren (ESG). Konkret soll der Nachhaltigkeitsbericht dabei unter anderem folgende Angaben enthalten:
- eine kurze Beschreibung des Geschäftsmodells und der Strategie des Unternehmens, insbesondere im Hinblick auf die Widerstandsfähigkeit des Geschäftsmodells und der Strategie gegenüber Risiken im Zusammenhang mit Nachhaltigkeitsaspekten sowie der Chancen des Unternehmens im Zusammenhang mit Nachhaltigkeitsaspekten;
- eine Beschreibung der zeitgebundenen Nachhaltigkeitsziele, die sich das Unternehmen gesetzt hat;
- eine Beschreibung der Rolle der Geschäftsführungs-, Aufsichts- oder Verwaltungsorgane im Zusammenhang mit Nachhaltigkeitsaspekten;
- eine Beschreibung der Unternehmenspolitik hinsichtlich Nachhaltigkeit;
- Angaben über das Vorhandensein von mit Nachhaltigkeitsaspekten verknüpften Anreizsystemen, die Mitgliedern der Geschäftsführungs-, Aufsichts- oder Verwaltungsorgane angeboten werden;
- eine Beschreibung der von der Kapitalgesellschaft mit Blick auf Nachhaltigkeitsaspekte durchgeführten Due-Diligence-Prozesse;
- eine Beschreibung der wichtigsten Risiken, denen das Unternehmen im Zusammenhang mit Nachhaltigkeitsaspekten ausgesetzt ist; sowie
- Indikatoren, die für die vorgenannten Angaben relevant sind.
Soweit es für das Verständnis erforderlich ist, hat der Nachhaltigkeitsbericht dabei nicht nur Angaben zur eigenen Geschäftstätigkeit des Unternehmens, sondern auch zu dessen Wertschöpfungskette zu umfassen. Dies betrifft beispielsweise Angaben zu Produkten, Dienstleistungen, den Geschäftsbeziehungen sowie der Lieferkette des Unternehmens.
Im Hinblick auf inhaltliche Überschneidungen mit Berichten nach dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) sieht der Regierungsentwurf Ersetzungsbefugnisse vor. Der Bericht über die Erfüllung der menschenrechtlichen und umweltbezogenen Sorgfaltspflichten in den Lieferketten nach § 10 Abs. 2 LkSG soll demnach durch den Nachhaltigkeitsbericht ersetzt werden können, um eine doppelte Berichtspflicht zu vermeiden.
Erleichterungen für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) bei Nachhaltigkeitsberichten
Begrüßenswert sind neben den beabsichtigten Ersetzungsbefugnissen auch die geplanten Erleichterungen für KMU. Für diese sollen die neuen Berichtspflichten erst ab dem Geschäftsjahr 2026 Anwendung finden. Des Weiteren sollen KMU Erleichterungen im Berichtsumfang in Anspruch nehmen können. Der Nachhaltigkeitsbericht soll dabei auf folgende Angaben beschränkt werden können:
- eine kurze Beschreibung des Geschäftsmodells und der Strategie des Unternehmens,
- eine Beschreibung der Unternehmenspolitik hinsichtlich Nachhaltigkeit,
- die wichtigsten tatsächlichen oder potenziellen negativen Auswirkungen des Unternehmens in Bezug auf Nachhaltigkeitsaspekte sowie jegliche Maßnahmen zur Ermittlung, Überwachung, Verhinderung, Minderung oder Behebung solcher tatsächlichen oder potenziellen negativen Auswirkungen,
- die wichtigsten Risiken, denen das Unternehmen im Zusammenhang mit Nachhaltigkeitsaspekten ausgesetzt ist, und die Handhabung dieser Risiken, sowie
- Schlüsselindikatoren, die für die vorgenannten genannten Angaben erforderlich sind.
Inhaltliche Prüfung des Nachhaltigkeitsberichts: Neue Anforderungen und Verfahren
Bedeutsame Veränderungen sieht der Regierungsentwurf im Hinblick auf die externe Prüfung der Nachhaltigkeitsberichterstattung vor. Anders als die nichtfinanzielle Erklärung, für die derzeit lediglich eine formelle Prüfungspflicht („Existenzprüfung“) besteht, soll der Nachhaltigkeitsbericht auch inhaltlich von einem Wirtschaftsprüfer bzw. einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft geprüft werden müssen.
Die Prüfung hat sich unter anderem darauf zu erstrecken, ob der Nachhaltigkeitsbericht mit den ESRS und den maßgeblichen Vorgaben der Taxonomie-Verordnung übereinstimmt. Die Prüfungstiefe soll hierbei schrittweise erweitert werden: Zunächst ist lediglich eine Prüfung mit „begrenzter Sicherheit“ vorgesehen. Sobald die Europäische Kommission entsprechende Prüfungsstandards erlassen hat, soll jedoch eine Prüfung mit „hinreichender Sicherheit“ erforderlich sein, was der Prüfungstiefe im Rahmen der Finanzberichterstattung entspricht.
Auf die Bestellung und Abberufung des Nachhaltigkeitsprüfers sollen die bereits jetzt geltenden Vorgaben zur Bestellung und Abberufung des Abschlussprüfers entsprechend Anwendung finden. Der Regierungsentwurf sieht dabei die Möglichkeit vor, dass für die Prüfung des Nachhaltigkeitsberichts und die Prüfung des Jahresabschlusses verschiedene (Wirtschafts-)Prüfer bestellt werden.
Ausblick: Was Unternehmen jetzt tun sollten
Nach derzeitiger Planung soll das Gesetz zur Umsetzung der CSRD noch in diesem Jahr beschlossen werden. Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens können sich durchaus noch inhaltliche Änderungen ergeben. Im Hinblick darauf, dass eine 1:1-Umsetzung der CSRD in deutsches Recht geplant ist, ist allerdings zu erwarten, dass inhaltliche Änderungen nicht allzu umfangreich ausfallen dürften. Unternehmen sollten sich daher bereits jetzt mit den Regelungen des Regierungsentwurfs und den neuen Nachhaltigkeitsberichtspflichten vertraut machen.